Kommentar von Oliver Stuenkel
Kurz vor der Jahrtausendwende, im Juni 1999, trafen sich Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik in Rio de Janeiro zum ersten interregionalen Gipfel und unterzeichneten unter großer Aufmerksamkeit eine strategische Partnerschaft.
Parallel dazu begannen Verhandlungen über einen Handelsvertrag zwischen der EU und Mercosur, der Wirtschaftsgemeinschaft von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay.
Damals ahnte wohl kaum jemand, dass das Ende der 1990er-Jahre in vielerlei Hinsicht das Schwinden des europäischen Einflusses in Lateinamerika einläuten würde. China, das damals so gut wie keine Rolle in der Region gespielt hatte, avancierte innerhalb von nur zehn Jahren zum wichtigsten Handelspartner von Brasilien und mehreren anderen Staaten in der Region. Heute exportiert Brasilien mehr nach China als in die USA und die Europäische Union zusammen.
In den vergangenen zwanzig Jahren wuchs der Handel zwischen China und Lateinamerika um das 26-Fache, Tendenz steigend. Um sich an die neuen wirtschaftlichen und geopolitischen Realitäten anzupassen, ist Brasilien Mitglied in der BRICS-Gruppe, die ein…